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- DenkOrte
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Vorwort
Freising ist eine lebendige und zukunftsgerichtete Stadt mit einer geschichtsträchtigen, bewegten Vergangenheit. Ohne Erinnerung an das Vergangene können wir Zukunft nicht verantwortlich gestalten.
In der vorliegenden Schrift finden Sie Geschichten und Begebenheiten, die mit unserer Stadt verbunden sind. Manches ist Ihnen vielleicht schon bekannt, anderes eher weniger.
Sei´s drum:
Wir wollen Sie einladen zum Lesen, Blättern und Bedenken, zum Aufsuchen und Begehen der vorgestellten Orte. Sie werden dabei auf Ereignisse und auf beispielhafte Zeugnisse von Frauen und Männern stoßen, die durch ihr entschiedenes Handeln neue Wege gegangen sind oder zum gemeinschaftlichen Zusammenleben beigetragen haben. Wir begegnen Frauen und Männern, die im Krieg den Frieden suchten, die beim Ausbruch von Gewalt auf Versöhnung drängten, die dem Mitläufertum Zivilcourage entgegensetzten. Damit geben sie uns einen Anstoß zum Besinnen, dass Gewalt kein geeignetes Mittel zur Konfliktlösung sein kann. Das biblische Bild des Olivenzweigs, das Sie durch das Heft begleitet, steht dafür ein.
Den Einwohnern Freisings, aber auch den Besucherinnen und Besuchern unserer Stadt wünschen wir an den hier nun vorgestellten exemplarischen “DenkOrten” ansteckende und ermutigende Impulse zu einem friedensfördernden Handeln.
Freising im Januar 2008,
pax christi Freising
“Friedenswege - Kriegspfade”

Das bedeutet nun nicht, dass wir resignieren sollten.
Nein - ganz im Gegenteil! All das zeigt, dass Friedenschaffen eine ständige Herausforderung und Aufgabe für uns ist.
Und so freue ich mich sehr, dass die Pax Christi- Gruppe Freising sich aufgemacht hat, in Freising das Projekt "Friedenswege - Kriegspfade" zu installieren. In diesem Projekt sollen Orte der Mahnung sichtbar gemacht werden. Beispielhafte Zeugnisse mutiger Menschen sollen hier an verschiedenen Orten unserer Stadt den Menschen nahe gebracht werden. Auf der einen Seite sollen wir uns erinnern an die Narben, die verschiedene Kriege auch in unserer Stadt hinterlassen haben, andererseits auch an Menschen, die durch ihr Handeln zum Frieden beigetragen haben und beitragen.
Ich meine, dass es notwendig ist, uns immer wieder zu erinnern. Ohne Erinnerung an das Vergangene gibt es auch keine wirklich verantwortlich gestaltete Zukunft.
Durch dieses Projekt soll aber auch deutlich gemacht werden, dass es oft kleine, aber notwendige Schritte sind, die zum Frieden führen können. Und wir alle sind aufgefordert, nach dem Beispiel derer, die für den Frieden gearbeitet ha- 4 ben, auch selbst Schritte zum Frieden zu tun. Kein Schritt - und mag er noch so klein sein - ist umsonst.
So wünsche ich diesem Projekt, dass es ins Bewusstsein der Freisinger Bürgerinnen und Bürger kommt, damit möglichst Viele angesteckt werden und ebenfalls Wege des Friedens gehen.
Mein besonderer Dank gilt aber auch den Frauen und Männern in der Pax Christi-Gruppe Freising, die dieses Projekt initiiert haben und es auch begleiten. Ich weiß, dass hier viel Überlegung und viel Arbeit dahinter steckt. Ihnen ein herzliches "Vergelt's Gott!"
Ich wünsche uns allen, dass wir wegkommen von den Kriegspfaden hin zu Friedenswege um des Lebens in unserer Stadt und in unserer Welt willen.
Dr. Bernhard Haßlberger
Weihbischof
Intoleranz, Krieg, Terror
und Gewalt begegnen uns
tagtäglich in den Weltnachrichten.
Sie machen
sprach- und fassungslos.
Wir verfolgen mit Respekt und Anerkennung,
wenn sich Einzelpersonen, Vereinigungen oder
Organisationen mit Nachdruck gegen das
Unrecht stellen und ohne Rücksicht auf mögliche
Nachteile Missstände öffentlich benennen,
selbst eingreifen oder aktiv helfen.
Mahnmale und Gedenktage erinnern uns im
Jahreslauf an die eigene Geschichte, die im
unmittelbaren regionalen und lokalen Bezug
tiefgründig erzählen kann von Friedenswegen
und Kriegspfaden, von Orten und vor allem von
Menschen, die durch ihr klares, mutiges
Denken und ihr entschlossenes Handeln
Hoffnung und Zukunft geschenkt haben.
Gemeinsam mit Interessierten hat sich die Pax
Christi-Gruppe Freising aufgemacht zu eben
diesen Orten, denen wir im Alltag ständig
begegnen, ohne zu sehen, welche Bedeutung
sie für die Geschichte unserer Stadt durch das
Vorbild von Frauen und Männern mit
Zivilcourage haben. Das Projekt „Friedenswege
und Kriegspfade“ macht eben jene
DenkOrte jetzt sichtbar und fordert eindringlich
auf zum Innehalten. Die Broschüre lädt ein
zum Nachdenken über Persönlichkeiten, die
sich mit ihrem Handeln entschlossen gegen
Intoleranz und Gewalt gestellt und ohne jedes
Freising - Friedenswege und Kriegspfade 7
Aufheben durch ihr beherztes Engagement den
Frieden gefördert haben.
Ich wünsche uns, dass sich Freising und seine
Gäste einlassen auf Friedenswege und
DenkOrte, die Kriegspfaden bis heute etwas entgegenzusetzen
haben: Wir können aus der
Geschichte und ihren Geschichten Kraft und
Ermutigung erfahren, nicht einfach sprach- und
fassungslos zu sein, sondern zu verstehen, dass
oft einige wenige kleine Schritte helfen, unsere
Welt ein Stück friedlicher werden zu lassen.
Dieter Thalhammer
Oberbürgermeister
DenkOrte in Freising:
Schicksale jüdischer Familien in Freising und die Verfolgung von Max Lehner
Eine der ersten und eingreifendsten Maßnahmen der Nationalsozialisten gegen jüdische Bürger war der Aufruf zum Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April 1933. Auch in Freising marschierten SA-Angehörige auf, brachten Plakate an und postierten sich bewaffnet vor den Türen jüdischer Geschäfte. Von da an durften keine jüdischen Inserate mehr in Zeitungen gedruckt werden. Eine Reihe beruflicher Tätigkeiten wurde untersagt oder erschwert. Auch Stammkunden besuchten die Warenhäuser kaum noch oder nur durch Hintereingänge. Oder sie ließen sich, aus Angst gesehen zu werden, Waren nur mehr auf telefonische Bestellung bringen. Das war der erste Schritt zur gesellschaftlichen Ausgrenzung. Unterstützt und verschärft wurden die Terrormaßnahmen durch antijüdische Propaganda in der Presse („Der Stürmer“) oder im Film („Jud Süß“), zusammen mit einer Flut antijüdischer Rechtsvorschriften. Die Nürnberger Gesetze vom 15.9.1935 führten auch in Freising zu weiteren Schikanen.
St. Veit: eine erste Keimzelle der Protestanten
Eine Speckknödel-DemonstrationEs war ein Frühlingstag des Jahres 1527. Die Freisinger Bürgerin Katharina Mair brachte eine Schüssel voll Speckknödel ins Haus des Barbiers Zumbrecht. Dort wartete schon eine kleine Gesellschaft auf das leckere Mahl. Zumbrechts Ehefrau Barbara, deren Mutter, ein Nachbar mit Namen Scherer und der Kooperator der Pfarrei St. Veit, Hans Ergkinger, ließen sich zusammen mit Katharina Mair die Knödelspeise schmecken. Sie wäre ihnen auch zu vergönnen gewesen, hätte nicht das Datum des Schmauses bedenklich gestimmt: noch herrschte das strenge vorösterliche Fastengebot!
Christi-Himmelfahrts Kirche: zerstört und neu erbaut
Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945: Die Wehrmacht war zerschlagen, das Land besetzt, Städte, Dörfer, Industrie und
Verkehrsanbindungen verwüstet, Herrschaft und Verwaltung in der Hand der Sieger. Für Hunderttausende ergab sich eine verzweifelte
Situation: Sie hatten ihre Heimat verloren und waren auf der Flucht.
Die Alte Isarbrücke
Die alte Isarbrücke aus dem 19. Jahrhundert wurde im Krieg teilweise zerstört, wieder aufgebaut und am Anfang unseres Jahrhunderts saniert.
Sie hat auch für pax christi eine wichtige Rolle gespielt als Ausgangspunkt von Friedensdemonstrationen in den 1980er Jahren. Das Friedensthema bewegte die Menschen, und Menschen ließen sich bewegen. Sie kamen, um die Richtung der Politik, der Weltpolitik, mitzubestimmen oder wenigstens ihre Meinung öffentlich zu machen.
Von bedürftigen Leuten und frommen Stiftern
Sehr früh schon entstanden bei Klöstern, Stiften und an Bischofssitzen Hospitäler (oder Spitäler), als Vorformen von Pilgerherbergen, Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen. Denn schon immer hatte sich die Kirche der Armen und Bedürftigen angenommen nach dem Wort Jesu: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40). Liebe zu den Mitmenschen (Caritas), gehört zu den Grundelementen des christlichen Lebens.
Frl. Weinmiller, Pfarrer Ortmair und die Nazis in Neustift
Verlässt man das Zentrum Freisings in Richtung Landshut, dann gelangt man über die Alte-Post-Straße nach einer Viertelstunde zu einer stattlichen
Rokoko-Kirche, St. Peter und Paul in Neustift. Dieses Kleinod bayerischer Baukunst mit einem berühmten Ignaz-Günther-Altar und weiteren Sehenswürdigkeiten steht mitten in dem alten Klosterdorf Neustift, herausgewachsen aus einem Prämonstratenserkloster, das 1802 in der Säkularisation aufgelöst wurde. Nach Jahren als bloße Filialkirche von St. Georg wurde daraus 1892 wieder eine eigene Pfarrei und 1905 Neustift ein Stadtteil Freisings. Die Geschichte dieser Vorortpfarrei ist in vielen
Belangen interessant und bemerkenswert. Aus zahlreichen Geschichten um Friedenswege und Kriegspfade im Lauf der Zeit soll an Beispielen allein die Zeit der Nazidiktatur, ihre fanatische Religionsfeindlichkeit aber auch der
entschiedene Wille der „kleinen Leute“ zum Widerstand beleuchtet werden.
„Mädi“ Sr. M. Imma Mack (1924-2006)
Eine einfache Handarbeitslehrerin, die 1986 den Bayerischen Verdienstorden erhält, 2001 die Medaille „München leuchtet“, 2004 als „femme chevalier“, ritterliche Frau, in die Französische Ehrenlegion aufgenommen und 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet wird, - das lässt aufhorchen. Wer ist sie und wofür diese Ehrungen? Josefa Mack, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, bereitet sich 1942 – 1945 in St. Klara, dem Wirkungsort der „Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ in Freising auf den Eintritt ins Kloster vor. Sie macht die Gesellen-prüfung als Schneiderin und betreut die im Heim wohnenden Kinder.
Ben der Bürgermeister vom Marienplatz
Ortsbesichtigung
Geht man die Hauptstraße in Freising entlang, dann weitet sie sich, ziemlich in der Mitte, zu einem ansehnlichen Platz, dem „Marienplatz“. Blicken wir uns zunächst um: Markant erhebt sich an der linken Seite das neugotische Rathaus mit einem modernen Bürgerbüro, - früher stand hier die „Schranne“, der Versammlungs- und Gerichtsort der Stadt. Dahinter ragt die St.-Georg Kirche auf. Auch die alten Gastronomiegebäude und Bürgerhäuser an der Nordseite sind erwähnenswert, aber besonders gegenüber auf der Südseite der Asamtrakt. 1704 als „Lyceum“
erbaut, wurde er zu einer auf einem Gymnasium aufbauenden Hochschule für Philosophie, Theologie, aber auch für „weltliche“ Fächer.
Kriegsende in Freising
Über 40 Millionen Menschen wurden im 2. Weltkrieg Opfer eines mörderischen Krieges. Hunderte Todesopfer aus Freising und dem
Landkreis waren darunter. Der Tag des Kriegsendes am 8. Mai 1945 wird so zu einem bleibenden Tag des Gedenkens. „Erinnern hilft dem Leben und dem Weiterleben. Es hilft dem Zusammenleben in dieser Welt, auch für die
Zukunft“, sagte Dr. Haßlberger bei einem Gedenkgottesdienst 1995.
Otto Semoser der Wohltätige Türhüter
Im rechten, dem südlichen Seitenschiff des Freisinger Doms fällt an einem Pfeiler ein sehr alter, hoher und schmaler Grabstein auf. Er zeigt uns das Relief eines bärtigen Mannes mit einer Tonsur. Er ist in eine lange Toga gekleidet, die von einer Schließe oben an der Schulter zusammen gehalten wird. Seine rechte Hand hält er vor der Brust, während die Linke unter dem Gewand versteckt ist. Seine Füße stehen auf drei Steinen.
Prälat Dr. Michael Höck
Versteckt liegt das Grab von Dr. Michael Höck. „Vater des Domberges“ wird er liebevoll und respektvoll genannt. Zufällig läuft man auf einem Rundgang über den Domberg nicht daran vorbei. Sie finden es aber, wenn Sie an der Südseite des Domes entlang gehen und durch das Südportal dessen Vorraum betreten. Linker Hand geht es in den Dom und zur Krypta, gerade aus an der Sakristei vorbei in den Kreuzgang, Richtung Dombibliothek, einem barocken Juwel übrigens. Jeder dieser Orte verdient es, dass man
sich Zeit nimmt, schaut und verweilt.
Jeden Tag –
machen wir Schritte in unserer Stadt
und darüber hinaus. Da gibt es Orte
und Pfade, die immer wieder und von
vielen begangen werden.
Meistens haben wir etwas zu besorgen.
Manchmal aber wird uns
bewusst: Wir gehen, wo andere auch
gegangen sind und wo sie zielstrebig
wie wir ihre Dinge besorgt haben.
Und wo sie auch, irgendwann einmal,
Entscheidungen treffen mussten.
Dann erinnern wir uns vielleicht an
Ereignisse, die zur näheren oder
ferneren Vergangenheit unserer
Stadt gehören.
Wir selbst werden einmal Teil dieser
Geschichte sein. Eine Geschichte,
die sich jetzt bereits abzeichnet, so
oder so. Mit jedem Schritt, den wir
heute tun.